Am 31. August ist Gerd Steins, der Präsident des Forums für Sportgeschichte, 75 Jahre alt geworden. Er hat sich dazu ohne Brimborium en familia ins Elbtal zurückgezogen. Seine Verdienste für die Sportgeschichte in Deutschland und speziell auch für Berlin als Sportmetropole sind legendär. Dr. Josef Göhler, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes und Turnexperte, hat den Berliner Berufsschullehrer und ambitionierten Sporthistoriker einmal als einen „Kriminologen der Turngeschichte“ bezeichnet.
Auch international ist Gerd Steins bei Tagungen und wissenschaftlichen Kongressen bekannt geworden, es gibt kaum einen Stein der Sportgeschichte, den er nicht dreimal umgedreht, beschrieben und katalogisiert hat. Davon künden seine Schriften zur Geschichte der Leichtathletik und speziell der Turngeschichte. Sein 1978 veröffentlichtes Buch über den Turnplatz in der Hasenheide hat das Land Berlin 1986 in großer Auflage nachgedruckt. Zur 750-Jahrfeier Berlin 1987 ist das Geschichtsbuch des Berliner Sports „Vom Ritterturnier zum Stadtmarathon“ erschienen. Große Ausstellungen trugen als Kurator seine Handschrift, von der Frankfurter Paulskirche als Ausgangsort der Demokratiebewegung 1983 bis zu Deutschen Turnfesten und Weltmeisterschaften in Berlin. Er ist Herausgeber und Autor der „Sporthistorischen Blätter“, von denen annähernd 30 erschienen sind, darunter auch Fotobände über Jesse-Owens und das Lesebuch zum Fünfzigjährigen des Landessportbundes Berlin.
Mit Professor Michael Krüger (Münster) ist er Herausgeber der Schriftenreihe „Geschichte der Körperkultur in Studien und Materialien“, hier ist der vierte Band in Vorbereitung. In englischer Sprache kommen die Marathonschriften des Weltverbandes AIMS hinzu. Ein von ihm mit Horst Milde verfasstes Buch „Immer wieder Marathon!“ ist gerade in Druck gegangen.
Mit Ausstellungen zur jüdischen Sportgeschichte ist Gerd Steins dem Schicksal der Olympiasieger von 1896 Alfred und Gustav Felix Flatow nachgegangen. An einer Wander-Ausstellung und der seit 1986 verliehenen „Flatow-Medaille“ bis hin zur Namensgebung von Sportstätten und Straßen hat er maßgeblich mitgewirkt. Für die vom Senat erstellten „Machbarkeitsstudien“ zum Berliner Olympiagelände hat er Expertisen beigetragen und deutschlandweit darüber referiert, so kürzlich in der Universität Halle.
Seit 19 Jahren ist Gerd Steins ehrenamtlich Präsident des Forums für Sportgeschichte, dem Fördererverein des Sportmuseums Berlin. Seine Vorgänger waren Gerhard Schlegel, Prof. Dr. Arnd Krüger und Prof. Dr. Gertrud Pfister. Ohne sein tatkräftiges Mittun und viele kreative Ideen würde es das Sportmuseum im vereinten Berlin nicht geben. Er hat dafür gekämpft und immer versucht, der Berliner Politik die Bedeutung der Sportgeschichte und eines eigenständigen Museums deutlich zu machen. Er ist seit zehn Jahren Mitglied des vom Senat geschaffenen Beirats des Sportmuseums, der allerdings nur einmal getagt hat und die Vernachlässigung der Sportgeschichte im aktuellen Sportgeschehen der deutschen Hauptstadt zeigt. Gerd Steins ist Mitglied der Turngemeinde von Berlin, des ältesten Sportvereins in Berlin und Brandenburg, und war mehrere Jahre Vorstandsmitglied des Berliner Turn- und Freizeitsportbundes. Die in Freyburg/Unstrut ansässige Jahn-Gesellschaft schätzt ihn als Autor und Kurator. Seit 2009 leitet er das jährlich Jahn-Kolloquium in Lanz b. Lenzen (Brandenburg).
Als kompetenter Sportexperte und Berliner Stadthistoriker hat er von Anbeginn in unserer Zeitschrift „Sport in Berlin“ unter dem Kürzel ‚geste‘ über die Historie des Sports berichtet. Er gilt als robust, kämpferisch und durchsetzungsfähig.
Auch in reiferen Jahren ist an Ruhe nicht zu denken: Dieser Tage erscheinen neben dem Marathonbuch auch seine Forschungen über das Olympiagelände. Weitere Buchprojekte, so über den LSB-Gründungspräsidenten Gerhard Schlegel und die Geschichte des Berliner Sportmuseums, sind in Vorbereitung. Dann steht da auch noch die Planung des 2025 in Berlin stattfindenden DAGS-Symposiums der Sportmuseen und Sportsammlungen in Deutschland an. Vor wenigen Wochen hat der Jubilar die neuen Forumsräume im Haus des Deutschen Sports im Olympiapark eröffnet und vorgestellt: Hier steht er unseren Mitgliedsorganisationen und Vereinen wie immer mit Rat und Tat zu allen historischen Fragen und bei der Herausgabe von Festschriften zur Seite. Dazu wünschen wir ihm im Sinne eines alten Turnerliedes noch viel „Kraft und Mut“.
Erstveröffentlichung
in German Road Races
vom 3. September 2024
Foto: Manfred Nippe