Neuauflage: Mit dem Davidstern auf der Brust – Spuren der jüdischen Sportjugend in Berlin von 1889 bis 1938.

Freitag, 22. November 2024

Kurt Schilde erinnert mit seiner 1988 von der Berliner Sportjugend im Eigendruck herausgegebenen Publikation an die Spuren der jüdischen Sportjugend in Berlin von 1889 bis 1938. Das betraf besonders den „Jüdischen Turnverein Bar Kochba Berlin“, der die deutsche Hauptstadt zum Mittelpunkt der vom Zionismus geprägten weltweiten Makkabi-Bewegung machte. Die reich bebilderte Forschungsarbeit erschien nur in 200 Exemplaren, so dass Manfred Nippe und Prof. Dr. Hans-Joachim Teichler nun für eine Neuauflage sorgten.

Erinnert wird an die durch die Novemberpogrome 1938 zerschlagene jüdische Sportbewegung. Wer weiß haute noch, wie viele jüdische Sportvereine es in Berlin gab und wo sie ihre Trainingsstätten hatten? Schilde listet diese Vereine mit ihren Sportarten – vom Turnen über die Leichtathletik und den Fußball bis zum Boxen, Schwimmen, Tennis und Wassersport – auf und berichtet über die von ihnen in den Bezirken genutzten Turnhallen und Sportplätze. Er gibt uns so Gelegenheit, dort vor Ort mit dem „Erinnern“ zu beginnen. Zur Laufbewegung weist er daraufhin, dass Bar Kochba-Hakoah seit 1911 an den großen Berliner Straßenstaffelläufen „Rund um den Friedrichshain“ und „Quer durch Tempelhof“ teilnahm. Höhepunkt war jedes Mal „Potsdam-Berlin“, hier war BK mit sechs Mannschaften und 300 Aktiven vertreten.

Die Jüdischen Sportvereine waren in der Zeit der NS-Diktatur eine letzte Zuflucht zum Sporttreiben, nachdem 1933 die bürgerlichen Sportvereine ihre jüdischen Vereinsmitglieder im vorauseilenden Gehorsam ausgeschlossen hatten. Im Mittelpunkt jüdischen Lebens stand der von der jüdischen Gemeinde gepachtete „Grunewald-Sportplatz“, der 1931/32 in Eigenarbeit ausgebaut und bis 1938 genutzt wurde. Es überrascht, wenn hier von großen, zum Teil international ausgeschriebenen Sportwettkämpfen berichtet wird, an denen zwischen drei- und fünftausend Aktive und Besucher teilnahmen. Nicht nur des Makkabi-Verbandes, auch der Sportgruppen von „Schild“ im jüdischen Frontkämpferbund, den jüdischen Schulen und Jugendverbänden. Darüber erschienen keine Berichte in der gleichgeschalteten NS-Presse. Viele der auf Fotos abgebildeten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen haben den Holocaust nicht überlebt. Die Neuauflage setzt ihnen, so der Vorsitzende der Sportjugend Berlin Christian Krull in einem Geleitwort, ein würdiges Denkmal. Er endet mit den Worten „Für uns ist klar: Aufklärung und der Appell „Nie wieder ist jetzt“ sind heute dringender denn je“.

Die Neuauflage ist um einen Beitrag von Prof. Teichler „Jüdische Sportlerinnen und Sportler in Deutschland“ erweitert worden. Er gehört zu den Begleitmaterialien der 2015 zu den European Maccabi Games in Berlin gestarteten Ausstellung „Jüdische Sportstars“, die bisher in 50 Städten in Deutschland gezeigt wurde.

Das Buch ist im Verlag für Berlin-Brandenburg (VBB) erschienen, umfasst 136 Seiten, 74 Fotos, Dokumente und Stadtpläne und kostet 20 Euro (ISBN 978-3-96982-106-0).

 

Erstveröffentlichung 

in German Road Races (GRR)

vom 20. November 2024

Auf Augenhöhe: Der Sport und die Berliner Bevölkerung.

Donnerstag, 21. November 2024

Aus „Sportgeschichte(n)“ zur 75 Jahrfeier des LSB Berlin

 

Mit der Gründung unseres Verbandes vor 75 Jahren entstand ein gesellschaftliches Netzwerk, das die Berlinerinnen und Berliner zusammenhält und bei Großveranstaltungen, Internationalen Wettkämpfen und Demonstrationen in den Bann zieht. Das passiert auf den Straßen, Plätzen und Sportstätten der Stadt. In Augenhöhe im Kiez, den Stadtteilen und den Zentren der Hauptstadt.

Mit der Rückgabe des Olympiastadions trat der Berliner Sport 1949 wieder an die Öffentlichkeit. Ein Jahr zuvor gelang es dem Pressewart des Sportverbandes und Sportfunkleiter Alfred Klapstein, im Stadion mit Hilfe der West-Alliierten „Allgemeine Jugendspiele im olympischen Geist“ zu veranstalten. 18.000 Jugendliche aus den Bezirken West- und (noch) Ost-Berlins qualifizierten sich in der Leichtathletik, im Schwimmen, Handball und Fußball für das Finale. Als „Rias-Olympiade“ gingen sie in die Geschichte ein. 21 Jahre später folgte an gleicher Stelle das erste Bundesfinale von „Jugend trainiert für Olympia“.

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75 Jahre: Für die Zukunft gerüstet

Mittwoch, 02. Oktober 2024

 

 

Das Cover von Sport in Berlin erschien im November 1999 anlässlich der 50-Jahrfeier des Landessportbundes. Das schemenhafte Foto wurde am 24. Oktober 1949, wenige Tage vor der Gründung des Sportverbandes, in der Wochenzeitung „Sport Kurier“ veröffentlicht. Es zeigt Kurt Gneist, den Torwart des VfB Pankow beim Spiel gegen Alemania 90 (2:1) auf dem alten Hertha-Sportplatz an der Plumpe. 12.000 Zuschauer waren gekommen. Der traditionsreiche Sportplatz wurde 1972 abgerissen, ein Investor wollte dort Wohnungen bauen. Das passierte immer wieder, Wirtschaftskraft und Stadtplanung hatten Vorrang vor dem Sport. So fielen der Sportpalast, die Radrennbahn Schöneberg, die Deutschlandhalle und die Eissporthalle der Spitzhacke zum Opfer. Ähnliches erfolgte nach der Wende im früheren Ostteil unserer Stadt. Die Politik hatte kein Ohr für den Sport, trotz erheblicher und anhaltender Proteste.

Norbert Skowronek, der LSB-Direktor, zählte in seinem Beitrag in der November-Ausgabe die Versäumnisse der Politik auf und kommentierte damit die im Konzerthaus am Gendarmenmarkt gehaltenen Festansprachen. Die Zukunftsfähigkeit des Sports erhielt von ihm die Bestnote, weil sich das Humankapital des Sports und der in ihm tätigen Ehrenamtlichen trotz staatlicher Sparmaßnahmen durchsetzen und den Sportvereinen und Verbänden das notwendige Rüstzeug für die nächsten Jahrzehnte liefern. Ein optimistischer Blick im Jubiläumsjahr.

Zur 75-Jahrfeier ist das nicht anders. Im schnelllebigen Sport geht es immer um das nächste Spiel, die anstehenden Meisterschaften und kommenden nationalen und internationalen Wettbewerbe und Verpflichtungen. Die Erinnerungskultur konzentriert sich auf zurückliegende, mehr persönliche Erlebnisse und Höhepunkte, weniger auf „Tonscherben des Sports“, die hin und wieder von Wissenschaftlern dreimal umgedreht und analysiert werden. Nur wenige Ehrenamtliche kümmern sich um die Archive des Sports, allenfalls mal bei anstehenden Jubiläen und dem plötzlichen Ruf nach einer Festschrift oder Vereinschronik.

 

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Fünf Meilensteine für 75 Jahre

Mittwoch, 02. Oktober 2024

Nun habe ich das dritte Mal an einer Jubiläumsschrift des Landessportbundes mitgearbeitet. 1974 war es eine klassische Festschrift, 1999 ein buntes Lesebuch mit Chronik und 2024 jetzt das flotte Puls-Magazin. Ich weiß nicht, was den Berliner Sport in 25 Jahren zum Hundertjährigen erwartet, auch wenn wir unsere Wünsche in einer Zeitkapsel und einem Tresor aus Stein bis zum Jahr 2049 versenken. Aber ich kann zurückblicken auf jene Steine, die wir in 75 Jahren am Wegesrand errichtet haben und die das Werden und Wachsen unseres Bundes maßgeblich beeinflusst und geprägt haben. Fünf von ihnen bringe ich hier in Erinnerung, stellvertretend und als Essenz der Jahre 1949 bis 2024. Plakativ und kurz, weniger detailliert, aber nicht kritiklos – bisherige und auch für die Zukunft wichtige Meilensteine.

 

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Wassersportmuseum Grünau eröffnet: Die Sammlung Werner Philipp kann nun ausgestellt werden.

Samstag, 07. September 2024

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor 30 Jahren hat Werner Philipp, Pädagoge und begeisterter Wassersportler, seine jahrzehntelang zusammengetragenen Sammlungen zu den Wassersportarten und der Grünauer Regattastrecke dem Land Berlin übereignet – nun können die Schätze, ergänzt durch Bestände des Sportmuseums, ausgestellt werden: Am 6. September 2024 hat Sportsenatorin Iris Spranger das neue Wassersportmuseum in der Regattatribüne von Grünau eröffnet. Als Teil des Sportmuseums Berlin ist eine Dauerausstellung entstanden, die besichtigt werden kann und zu Workshops einlädt. Damit 99 Prozent der Bestände nicht im Depot bleiben, sollen regelmäßig Schwerpunktausstellungen zu den in Berlin seit 200 Jahren betriebenen Sportarten, zur großen Vereinslandschaft und den seit der Kaiserzeit errichteten Bootshäusern stattfinden. Das schließt natürlich zeitkritische Diskussionen und Forschungen ein. Ein neues Museum der Sportmetropole Berlin geht damit an den Start. 

Gerd Steins 75 Jahre

Mittwoch, 04. September 2024

Am 31. August ist Gerd Steins, der Präsident des Forums für Sportgeschichte, 75 Jahre alt geworden. Er hat sich dazu ohne Brimborium en familia ins Elbtal zurückgezogen. Seine Verdienste für die Sportgeschichte in Deutschland und speziell auch für Berlin als Sportmetropole sind legendär. Dr. Josef Göhler, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes und Turnexperte, hat den Berliner Berufsschullehrer und ambitionierten Sporthistoriker einmal als einen „Kriminologen der Turngeschichte“ bezeichnet.

 

Auch international ist Gerd Steins bei Tagungen und wissenschaftlichen Kongressen bekannt geworden, es gibt kaum einen Stein der Sportgeschichte, den er nicht dreimal umgedreht, beschrieben und katalogisiert hat. Davon künden seine Schriften zur Geschichte der Leichtathletik und speziell der Turngeschichte. Sein 1978 veröffentlichtes Buch über den Turnplatz in der Hasenheide hat das Land Berlin 1986 in großer Auflage nachgedruckt. Zur 750-Jahrfeier Berlin 1987 ist das Geschichtsbuch des Berliner Sports „Vom Ritterturnier zum Stadtmarathon“ erschienen. Große Ausstellungen trugen als Kurator seine Handschrift, von der Frankfurter Paulskirche als Ausgangsort der Demokratiebewegung 1983 bis zu Deutschen Turnfesten und Weltmeisterschaften in Berlin. Er ist Herausgeber und Autor der „Sporthistorischen Blätter“, von denen annähernd 30 erschienen sind, darunter auch Fotobände über Jesse-Owens und das Lesebuch zum Fünfzigjährigen des Landessportbundes Berlin.

Mit Professor Michael Krüger (Münster) ist er Herausgeber der Schriftenreihe „Geschichte der Körperkultur in Studien und Materialien“, hier ist der vierte Band in Vorbereitung. In englischer Sprache kommen die Marathonschriften des Weltverbandes AIMS hinzu. Ein von ihm mit Horst Milde verfasstes Buch „Immer wieder Marathon!“ ist gerade in Druck gegangen.

Mit Ausstellungen zur jüdischen Sportgeschichte ist Gerd Steins dem Schicksal der Olympiasieger von 1896 Alfred und Gustav Felix Flatow nachgegangen. An einer Wander-Ausstellung und der seit 1986 verliehenen „Flatow-Medaille“ bis hin zur Namensgebung von Sportstätten und Straßen hat er maßgeblich mitgewirkt. Für die vom Senat erstellten „Machbarkeitsstudien“ zum Berliner Olympiagelände hat er Expertisen beigetragen und deutschlandweit darüber referiert, so kürzlich in der Universität Halle.

 

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Olympische Spiele von Paris 1900 und 1924

Montag, 08. Juli 2024

SPORTGESCHICHTE(N) in „Sport in Berlin“

 

Paris ist zum dritten Mal Ausrichter von Olympischen Spielen, erstmals auch der Paralympics. Wir erinnern uns an die Sommerspiele von 1900 und 1924.

 

Olympische Spiele Paris 1900

Pierre de Coubertin, Begründer der modernen olympischen Spiele, wollte zu den ersten Spielen anlässlich der Weltausstellung nach Paris im Jahr 1900 einladen. Die Begeisterung in Europa für das antike Griechenland, hochherzige Spender und der Bau des Athener Stadions führten aber bereits 1896 zur Premiere in Athen. Paris war vier Jahre später an der Reihe. Das Internationale Olympische Komitee sprach ein Machtwort aus, weil Griechenland die Spiele auf ewig behalten wollte und vergab sie an Coubertins Heimatland.

An den 2. Olympischen Spielen in Paris nahmen 1500 Männer und 20 Frauen aus 23 Ländern in 24 Sportarten teil. Völkerverbindend waren sie kaum, da sie während der Weltausstellung von Mai bis Oktober an unterschiedlichsten Orten – vom Bois de Boulogne (Leichtathletik) bis zur Seine (Schwimmen) – stattfanden. So kam die „Jugend der Welt“ nur zufällig zusammen, zumal parallel noch Wettbewerbe für Profiathleten ausgetragen wurden. Zum Ärger von Coubertin interessierte sich die Öffentlichkeit kaum für die Spiele. Erst 1908 konnte er deren Eigenständigkeit in London durchsetzen. Die deutschen Olympiasieger von 1896 waren wegen der ihnen verbotenen Teilnahme in Athen von der Deutschen Turnerschaft für Paris gesperrt. Hermann Weingärtner (TV Frankfurt/Oder, Berliner Turnerschaft) blieb mit sieben Medaillen der erfolgreichste Olympionike seiner Zeit.

Bekanntester Athlet in Paris 1900 wurde Alvin C. Kraenzlein (USA) mit vier Medaillen in der Leichtathletik über 60 m, 110 und 200 m Hürden und im Weitsprung. Er wurde 1913 von Carl Diem als Reichstrainer und Hürden-Spezialist nach Berlin geholt und kehrte bei Ausbruch des 1. Weltkrieges in die USA zurück. Fußball war in Paris das erste Mal dabei, es siegte Großbritannien vor Frankreich und Belgien. Der Deutsche Fußballbund war noch keine Größe, er wurde gerade erst in Leipzig gegründet.

Erstmals nahmen 20 Frauen an den Spielen teil, im Golf, Tennis, Segeln und Ballonfahren. Das damals beliebte Tauziehen stand 1900 für zwanzig Jahre auf dem olympischen Programm, vielleicht erlebt es eine Wiedergeburt im zukünftigen Berliner Sportmuseum als Retrolympics. Im Hoch-, Weit- und Dreisprung wurde auch aus dem Stand gesprungen. Deutschland errang zwei Olympiamedaillen im 200 m Rückenschwimmen, eine für die Mannschaft, die andere für den Bremer Ernst Hoppenberg im Einzel.

 

 

Olympische Spiele Paris 1924

Mit den Olympischen Ringen auf eigener Fahne, einem olympischen Dorf für die Aktiven und den ersten Reportagen über den Rundfunk lud Frankreich 1924 erneut nach Paris ein.

Deutschland war seit 1920 auf Grund des 1. Weltkrieges ausgeschlossen. 3000 Männer und 150 Frauen aus 140 Ländern und 45 Sportarten waren vom 4. Mai bis 27. Juli nach Paris gekommen. Die Stars der Spiele waren die „fliegenden Finnen“ Paavo Nurmi mit fünf und Ville Ritona mit vier Goldmedaillen in der Leichtathletik sowie Johnny Weissmüller (USA) – der spätere Tarzan – als dreifacher Olympiasieger im Schwimmen. Die Frauen waren mit 10 Goldmedaillen im Schwimmen, Fechten und Tennis dabei.

Im Schießen nahm man Tontauben und den „laufenden Hirsch“ ins Visier.

Zu den Sportarten im Turnen zählte noch „Tauhangeln“ am bis zu 12 Metern hohen Seil. 2024 steht Klettern, wenn auch nicht mehr am Seil, auf dem Programm. In der Bundesrepublik gehören Kletterseile im Gegensatz zu Österreich nicht mehr zur Standardausrüstung von Schulturnhallen. Neu ist in Paris 2024 das Breaking, wer hätte gedacht, dass Breakdance als Ausdruck der Jugendkultur ins olympische Programm aufrückt.

 

 

 

Die Geschichte der Olympischen Spiele ist voller dramatischer und berührender Erlebnisse, sie zeigt aber auch ein permanentes Streben nach einer Weiterentwicklung des Sports und seiner Sportarten. Hier setzt das in den Medien oft gescholtene IOC auf Modernität und Nachhaltigkeit. In kriegerischen Zeiten und globalen Welten eine Stimme zum Frieden.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“,

Ausgabe 4 – 2024

1990 durchs Brandenburger Tor: Der schönste Marathonlauf aller Zeiten.

Montag, 08. Juli 2024

 

 

 

In der 75-jährigen Geschichte des Landessportbundes hat das Titelbild der Oktober-Ausgabe 1990 von „Sport in Berlin“ eine besondere, ja historische Bedeutung: Es zeigt den ersten Marathonlauf durch das Brandenburger Tor im vereinten Berlin vom 30. September 1990.

 

 

 

 

Die beiden Stadtoberhäupter Walter Momper (West) und Tino Schwierzina (Ost) gaben den Startschuss, 25.000 Läuferinnen und Läufer aus 61 Ländern machten sich auf den Weg. Der Australier Steve Moneghetti lief Jahres-Bestzeit und die noch Ost-Berlinerin Ute Pippig stürmte in Strecken-Bestzeit ins Ziel.

Der Erfinder des Berlin-Marathons, Horst Milde (86), kommt ins Schwärmen und erinnert an die Initiativgruppe „Laufen“ aus Ost-Berlin, die mit zum Neujahrslauf 1990 aufrief und am 12. November 1989 (!) den damaligen Oberbürgermeister Erhard Krack bat, sich für einen gemeinsamen „Berlin-Marathon 1990“ einzusetzen: „Dieser Lauf wäre ein Beitrag des Berliner Sports zur Festigung der Fundamente unseres gemeinsamen Hauses Europa und ein wirksamer Beitrag zur Völkerverständigung“. Die Vision wurde in die Tat umgesetzt. Die Presse titelte „Der schönste Marathonlauf aller Zeiten…“.

Das Foto schoss Altmeister Heinrich von der Becke, der noch einmal zur Kamera griff und dessen Vermächtnis heute vom Sportmuseum Berlin gepflegt wird (www.vonderbecke.de). Es wird auch im großen Marathon-Buch von Gerd Steins und Horst Milde zu finden sein, das sich gerade im Druck befindet.

Auf dem Foto fehlt die Quadriga. Sie wurde in ihrer langen Geschichte diesmal nicht von Napoleon nach Paris entführt, sondern in der Bildgießerei Hermann Noack restauriert und mit Eisernen Kreuz und Preußen-Adler „wiedervereint“. Letzteres geschah im Übrigen friedlich, nachdem die DDR in ihren letzten Jahren überraschenderweise das alte Preußen und auch den Offizierswiderstand vom 20. Juli 1944 für sich entdeckt hatte.

 

Beitrag aus

„Sport in Berlin“, Ausgabe 4 – 2024

75 Jahre LSB Berlin

 

Sportgeschichte(n) : Berliner WM- und EM-Erinnerungen

Sonntag, 12. Mai 2024

 

 

Die „Helden von Bern“ mit Sepp Herberger ziehen ins Olympiastadion ein.

Foto: LSB-Archiv/Jost

 

 

 

 

Vor 70 Jahren

Deutschland ist 1954 Fußball-Weltmeister: Im Berliner Olympiastadion begrüßen 90.000 Fußballfans die „Helden von Bern“ – ein Volksfest. Bundespräsident Theodor Heuss überreicht ihnen das „Silberne Lorbeerblatt“, die höchste deutsche Sportauszeichnung (18. Juli 1954).

 

Vor 63 Jahren

Nach einigen UEFA-Cupspielen finden 1961 im Olympiastadion vor vollen Rängen zwei WM-Qualifikationsspiele statt, am 10. Mai Bundesrepublik – Nordirland (2:1) und am 12. November Schweiz – Schweden (2:1).

 

Vor 60 Jahren

Ein WM-Qualifikationsspiel Bundesrepublik – Schweiz geht am 4. November 1964 unentschieden 1:1 aus.

 

Vor 52 Jahren

84.000 Zuschauer kommen am 13. Mai 1972 zum EM-Viertelfinale Bundesrepublik – England (0:0) ins Olympiastadion.

 

Vor 50 Jahren

Im Jahr der Fußball-WM 1974 spielen in der Vorrunde Bundesrepublik – Chile 1:0 und DDR – Chile 1:1 im ausverkauften Olympiastadion.

 

Vor 41 Jahren

Unter großen Sicherheitsmaßnahmen kommt es am 20. Oktober 1983 zum Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft Bundesrepublik – Türkei (5:1). Rechtsradikale verteilen ausländerfeindliche Flugblätter unter den 30.000 Zuschauern und Bundeskanzler Helmut Kohl und der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker tragen den Sportjugend-Button „Sport spricht alle Sprachen“.

 

Vor 18 Jahren

Fußball-WM in Deutschland: Die Vorrundenspiele zur Fußball-WM finden am 13., 15. und 20. Juni 2006 in Berlin statt, am 9. Juli folgt das Finale mit Italien – Frankreich 1:1, Weltmeister wird Italien durch Elfmeterschießen. Das Olympiastadion wird mit Mitteln des Bundes ausgebaut, vor dem Reichstag entsteht ein mobiles Stadion und in Kreuzberg startet die Streetfootball-WM. Die Fanmeilen und Public Viewing machen die Weltmeisterschaft zum „Sommermärchen“.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“

Ausgabe 03 – 2024

75 Jahre Landessportbund Berlin

Sonntag, 12. Mai 2024

Rudi Ebmeyer am 22. November 1989 bei Manfred von Richthofen

 

Das Titelbild der Dezember-Ausgabe von „Sport in Berlin“ aus dem Jahr 1989 ist ein historisches Dokument. Es zeigt den Präsidenten des Landessportbundes Berlin, Manfred von Richthofen, mit dem Vorsitzenden des DTSB-Bezirksvorstandes Berlin, Rudi Ebmeyer, vor dem Haus des Sports an der Jesse-Owens-Allee. Dieses Zusammentreffen der beiden Sportpräsidenten fand 2 Wochen vor der offiziellen Gesprächsaufnahme der Bürgermeister der beiden Stadthälften statt.

 

 

 

Manfred von Richthofen hatte nach der Maueröffnung vom 9. November pragmatisch gehandelt und in einem Telefonat mit seinem Amtskollegen in Ost-Berlin ein schnelles Zusammentreffen vorgeschlagen. Die Einladung wurde angenommen, und so kamen am 22. November 1989 Manfred von Richthofen und Rudi Ebmeyer zum ersten Gespräch zusammen. Neben dem DTSB-Bezirksvorsitzenden nahmen dessen Stellvertreter Rainer Lotsch und Peter Schwarz als Geschäftsführer teil. Der LSB war neben seinem Präsidenten durch Peter Hanisch als Vizepräsidenten und Norbert Skowronek als Direktor vertreten. Die Beteiligten waren sich schnell einig, den kurz nach Maueröffnung begonnenen Sportverkehr zu ständigen Begegnungen zwischen den Sportvereinen und ihren Verbänden zwischen den Stadthälften auszubauen und eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen anzugehen. Die hier in einem Satz zusammengefassten Ergebnisse wurden zwei Tage später gemeinsam in den Stadion-Terrassen der Presse vorgestellt.

Damit waren nach dem 9. November auch für Berlin die Aufgaben verteilt: Man wollte zusammenkommen und war gespannt, wie sich die Dinge zwischen beiden Regierungen und besonders im DTSB der DDR weiter entwickeln würden. Fragt man die damaligen Zeitzeugen, so sieht man auch heute noch ein Leuchten in ihren Augen: „Es wächst zusammen, was zusammengehört“ – das war das Motto. Das dieser Weg zur Sporteinheit noch außerordentlicher Anstrengungen bedurfte und immer neue Probleme auslöste, war vielen noch nicht klar. So ist das damit zusammenhängende Kapitel in den Geschichtsbüchern auch nach mehr als 30 Jahren nicht geschlossen. Wir sollten uns zur 75-Jahrfeier des Landessportbundes daran erinnern.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“ 

Ausgabe 03 – 2024