Der Arzt, der Leibesübungen förderte

Vor 150 Jahren wurde Prof. Dr. August Bier geboren

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Er war ein genialer Chirurg und weltweit bekannter Arzt: Aber August Bier hatte auch enge Beziehungen zum Sport und ist seit 1921 Namensgeber der „August-Bier-Plakette“ der Deutschen Sporthochschule Köln.  Vor 150 Jahren, am 24. November 1861 wurde er in Helsen/Bad Arolsen geboren und ging in Korbach zur Schule. Nach dem Medizinstudium in Berlin, Leipzig und Kiel arbeitete er an den Universitätskliniken in Kiel, Greifswald und Bonn. Von 1908 bis zu seiner Emeritierung 1932 leitete er die Chirurgische Klinik in der Berliner Ziegelstraße.  

 

 

Seine medizinische Arbeit war äußerst erfolgreich, in Selbstversuchen entwickelte er die Spinalanästhesie, legte bahnbrechende Ergebnisse zur Hyperämie und zur Knochen- und Gelenk-Tbc vor sowie veröffentlichte Standardwerke zur chirurgischen Praxis. Während des 1. Weltkrieges erfand er den „Stahlhelm“. Als Operateur an der Ziegelstraße und seiner Privatklinik am Zoo war er weltweit gefragt: Die Prominenz kam zu ihm, Wilhelm II und Reichspräsident Ebert gehörten zu seinen Patienten, letzterer starb an einem Blinddarmdurchbruch.

 

Nebenbei setzte sich Prof. Dr. Bier für die Förderung der Leibesübungen an Licht, Luft und Sonne ein und forderte ein „Sport-Pflichtjahr“ für die Jugend. Er beschäftigte sich mit Philosophie und interessierte sich zum Ärger der Schulmediziner auch für Homöopathie und Naturmedizin. 1920 wurde er zum ersten Rektor der ‚Deutschen Hochschule für Leibesübungen’ auf dem heutigen Olympiagelände berufen, sein Vertreter war Carl Diem. Bier war ein begnadeter Professor, seine Schüler verehrten ihn und zahlreiche Anekdoten und Lebensweisheiten machten die Runde. Seine Sätze von der Gründungsversammlung sind übermittelt: „Es ist falsch, sich mehr um die Kranken zu bekümmern als um die Gesunden. Die heutige Einstellung der Ärzte, die in erster Linie sich mit der Behandlung der Kranken beschäftigen, ist eine Verirrung, die wir nicht länger mitmachen dürfen. Plato sagt, die Gymnastik sei wichtiger als die Heilkunst, sie mache die Krankenbehandlung überflüssig.“ Von 1920 bis 1932 war er Rektor der Hochschule für Leibesübungen, sein Nachfolger wurde Ferdinand Sauerbruch, der auch zu ärztlichem Ruhm aufstieg. Beide erhielten 1937 den „Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft“, den von Hitler geschaffenen ‚deutschen Nobelpreis’. Zuvor hatte Bier 1933 sich in einer Rundfunkrede für die Einführung der „Reihenuntersuchungen“ für alle Kinder und Jugendlichen eingesetzt, noch heute ein wichtiger Schritt in der Jugendmedizin, allerdings damals unter propagandistischer Fahne der Hitlerjugend.

 

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August Bier: Bronzebüste von Professor Schott

Seit 1933 widmete sich Bier auf seinem Waldgut in Sauen/Brandenburg naturphilosophischen Studien – sein Buch  ‚Die Seele’ wurde ein Bestseller – und der Pflege seiner Wälder unter ökologischen Gesichtspunkten. Ein Dokumentarfilm von 2009 trägt den bezeichnenden Titel „Der Chirurg, der Bäume pflanzte“. Die Rote Armee ließ den berühmten Arzt 1945 in Frieden, er durfte einen Teil seines Gutes weiter betreiben. 1949 starb er in Sauen, dort befindet sich auch seine Grabstätte. Das Gutshaus ist heute Seminarstätte der Universität der Künste, die Wälder gehören zur ‚Stiftung August Bier für Ökologie und Medizin’, die auch ein Besucherzentrum betreibt.

 

Zum 150. Geburtstag fanden Gedenkveranstaltungen in Berlin, Sauen und seiner Heimatgemeinde statt. Für ein Symposium und eine Ausstellung wurde die im LSB-Besitz befindliche Bronzebüste von August Bier – ein Werk des  Hofbildhauers Prof. Schott – an das Museum Korbach ausgeliehen.

 

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“ Dezember 2011

 

 

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