Der lange Weg des Betriebssports in den Landessportbund

Die in der Gründungsversammlung des Sportverbandes Groß-Berlin am 29. Oktober 1949 beschlossene Satzung schloss Behörden- und Firmensportvereine von einer Mitgliedschaft aus. Die Gründe dafür waren politisch bedingt: So die nach der Blockade im Ostteil der Stadt entstandenen Betriebssportgemeinschaften als zukünftiger Hauptträger des DDR-Sports sowie die Erfahrungen der NS-Zeit, in denen der Betriebssport als Teil des KdF-Sports personell und finanziell den Vereinssport ruinierte. Auch warnte der Vorstand des Sportverbandes vor einer Rückkehr zum gerade beendeten Kommunalsport durch neue staatliche Abhängigkeiten.

Dagegen richteten sich in Eingaben vornehmlich der Polizei-Sport-Vereins Berlin, der SV Blau-Gelb als Rechtsnachfolger des Post SV Berlin sowie der SV Rot-Weiß der BVG. Am 29.11.49 beschloss der Erweiterte Vorstand – bestehend aus dem SVB-Vorstand und den Fachverbänden – eine verbindliche Definition des Betriebs- und Firmensports: Unter einen Betriebs- oder Behördensportverein, der laut § 3 der Satzung von der Mitgliedschaft im Sportverband ausgeschlossen ist, ist jeder Verein zu verstehen, der nach Namen oder Zweck an einen Gewerbe- oder Behördenbetrieb gebunden oder angelehnt ist. Der Begriff der Anlehnung an den Betrieb ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Berufstätigkeit die Mitgliedschaft in diesen Verein zu beeinflussen geeignet ist.

Damit gaben sich die großen Behördensportvereine und der 1952 gegründete Betriebssportverband nicht zufrieden und warnten vor einer Spaltung des Sports, so etwa durch getrennte Berliner Meisterschaften, einmal für die Verbände, dann separat für den Polizeisport. Letzteres betraf besonders die erfolgreichen Aktiven in der Leichtathletik, im Boxen und populären Judo. Auch warnte das Hauptamt für Leibesübungen des Magistrats den Sportverband vor restriktiven Aufnahmekriterien, die den Zustrom von neuen Vereinsmitgliedern verhinderten und forderte in Rechtsgutachten die Erfüllung der Sportbedürfnisse der Bevölkerung ein. Der Sportverband war davon unbeeindruckt und lehnte erneute Aufnahmegesuche ab, was auch den Post-Sportverein betraf, der um die Rückgabe des Poststadions und Postbades in Tiergarten kämpfte.

Der durch die Abwanderung von Spitzensportlern nach Westdeutschland ausgelöste Rückgang des Leistungssports in Berlin führt 1952 zum Umdenken und zum Beschluss der SVB-Mitgliederversammlung vom 23. Juli 1952, nunmehr auch Behörden- und Firmensportvereine aufzunehmen. Damit wurden die Diskussionen um getrennte Berliner Meisterschaften und Polizeisportmeisterschaften beendet. Für die Aufnahme von Behörden- und Firmensportvereinen wurden „Richtlinien“ erlassen, die den Nachweis von mindestens 150 Mitgliedern und feste Übungsstätten vorsahen, eine Verzichtserklärung auf Verbandszuwendungen einschl. Lotto-Toto-Geldern beinhalteten sowie die Teilnahme an Wettkämpfen und Veränderungen bei den Vereinsnamen regelten. Schließlich wurde am 17. Mai 1967 der Betriebssportverband Berlin – 18 Jahre nach Gründung des Sportverbandes – als Anschlussorganisation unter Verzicht auf finanzielle Förderung und Ausschluss jedweder Jugendarbeit in den Landessportbund Berlin aufgenommen. Ein langer Weg in den Dachverband des Berliner Sports.

In den achtziger Jahren kommt es durch den enormen Mitgliederzuwachs im Breiten- und Gesundheitssport zu Konkurrenzen und Zuständigkeitsfragen zwischen den LSB-Mitgliedsverbänden, die auch die Freizeitsportligen des Fußballverbandes und des Betriebssportverbandes tangieren und schließlich zu einem Status Quo führen. Ein von DDR-Sportfunktionären gemachter Versuch, die Betriebssportgemeinschaften des DTSB in die vereinten Sportstrukturen des DSB zu übernehmen musste scheitern, da sich der größte Teil der Betriebssportgemeinschaften bereits aus wirtschaftlichen Gründen aufgelöst und zur Gründung neuer Sportvereine geführt hatte. Die Sicherung der als Betriebseigentum von der Treuhand übernommenen Sportstätten sollte die Sportpolitik der kommenden Jahre wesentlich bestimmen.

Durch die Wahrnehmung von Aufgaben der Prävention und Gesundheitsförderung durch immer mehr Firmen und Förderungsprogramme der Krankenkassen haben die Vereine des Betriebssportverbandes zunehmende Bedeutung in der Gesundheitspolitik bekommen, was dem Verband neue Mitglieder bringt und auch zu neuen Trägern außerhalb des Vereinssports führt.

Heute gibt es in Berlin eine bunte Sportlandschaft, es entstehen vielfältige und diverse Sportarten, die nach der Coronapandemie ihren Markt suchen und finden. Im organisierten Vereinssport führt das zu Aufholpaketen und Bewegungsgipfeln. Heute ist die Forderung des Magistrats von 1949, auf vielen Wegen das Sporttreiben der Bevölkerung zu ermöglichen und nicht zu behindern, unbestritten und konsensfähig. Eine große Chance für den Betriebssportverband, seine Mitgliedsvereine und Fachvereinigungen.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“

Nr. 1 – 2023

 

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