75 Jahre: Für die Zukunft gerüstet

Mittwoch, 02. Oktober 2024

 

 

Das Cover von Sport in Berlin erschien im November 1999 anlässlich der 50-Jahrfeier des Landessportbundes. Das schemenhafte Foto wurde am 24. Oktober 1949, wenige Tage vor der Gründung des Sportverbandes, in der Wochenzeitung „Sport Kurier“ veröffentlicht. Es zeigt Kurt Gneist, den Torwart des VfB Pankow beim Spiel gegen Alemania 90 (2:1) auf dem alten Hertha-Sportplatz an der Plumpe. 12.000 Zuschauer waren gekommen. Der traditionsreiche Sportplatz wurde 1972 abgerissen, ein Investor wollte dort Wohnungen bauen. Das passierte immer wieder, Wirtschaftskraft und Stadtplanung hatten Vorrang vor dem Sport. So fielen der Sportpalast, die Radrennbahn Schöneberg, die Deutschlandhalle und die Eissporthalle der Spitzhacke zum Opfer. Ähnliches erfolgte nach der Wende im früheren Ostteil unserer Stadt. Die Politik hatte kein Ohr für den Sport, trotz erheblicher und anhaltender Proteste.

Norbert Skowronek, der LSB-Direktor, zählte in seinem Beitrag in der November-Ausgabe die Versäumnisse der Politik auf und kommentierte damit die im Konzerthaus am Gendarmenmarkt gehaltenen Festansprachen. Die Zukunftsfähigkeit des Sports erhielt von ihm die Bestnote, weil sich das Humankapital des Sports und der in ihm tätigen Ehrenamtlichen trotz staatlicher Sparmaßnahmen durchsetzen und den Sportvereinen und Verbänden das notwendige Rüstzeug für die nächsten Jahrzehnte liefern. Ein optimistischer Blick im Jubiläumsjahr.

Zur 75-Jahrfeier ist das nicht anders. Im schnelllebigen Sport geht es immer um das nächste Spiel, die anstehenden Meisterschaften und kommenden nationalen und internationalen Wettbewerbe und Verpflichtungen. Die Erinnerungskultur konzentriert sich auf zurückliegende, mehr persönliche Erlebnisse und Höhepunkte, weniger auf „Tonscherben des Sports“, die hin und wieder von Wissenschaftlern dreimal umgedreht und analysiert werden. Nur wenige Ehrenamtliche kümmern sich um die Archive des Sports, allenfalls mal bei anstehenden Jubiläen und dem plötzlichen Ruf nach einer Festschrift oder Vereinschronik.

 

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Fünf Meilensteine für 75 Jahre

Mittwoch, 02. Oktober 2024

Nun habe ich das dritte Mal an einer Jubiläumsschrift des Landessportbundes mitgearbeitet. 1974 war es eine klassische Festschrift, 1999 ein buntes Lesebuch mit Chronik und 2024 jetzt das flotte Puls-Magazin. Ich weiß nicht, was den Berliner Sport in 25 Jahren zum Hundertjährigen erwartet, auch wenn wir unsere Wünsche in einer Zeitkapsel und einem Tresor aus Stein bis zum Jahr 2049 versenken. Aber ich kann zurückblicken auf jene Steine, die wir in 75 Jahren am Wegesrand errichtet haben und die das Werden und Wachsen unseres Bundes maßgeblich beeinflusst und geprägt haben. Fünf von ihnen bringe ich hier in Erinnerung, stellvertretend und als Essenz der Jahre 1949 bis 2024. Plakativ und kurz, weniger detailliert, aber nicht kritiklos – bisherige und auch für die Zukunft wichtige Meilensteine.

 

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Wassersportmuseum Grünau eröffnet: Die Sammlung Werner Philipp kann nun ausgestellt werden.

Samstag, 07. September 2024

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor 30 Jahren hat Werner Philipp, Pädagoge und begeisterter Wassersportler, seine jahrzehntelang zusammengetragenen Sammlungen zu den Wassersportarten und der Grünauer Regattastrecke dem Land Berlin übereignet – nun können die Schätze, ergänzt durch Bestände des Sportmuseums, ausgestellt werden: Am 6. September 2024 hat Sportsenatorin Iris Spranger das neue Wassersportmuseum in der Regattatribüne von Grünau eröffnet. Als Teil des Sportmuseums Berlin ist eine Dauerausstellung entstanden, die besichtigt werden kann und zu Workshops einlädt. Damit 99 Prozent der Bestände nicht im Depot bleiben, sollen regelmäßig Schwerpunktausstellungen zu den in Berlin seit 200 Jahren betriebenen Sportarten, zur großen Vereinslandschaft und den seit der Kaiserzeit errichteten Bootshäusern stattfinden. Das schließt natürlich zeitkritische Diskussionen und Forschungen ein. Ein neues Museum der Sportmetropole Berlin geht damit an den Start. 

Gerd Steins 75 Jahre

Mittwoch, 04. September 2024

Am 31. August ist Gerd Steins, der Präsident des Forums für Sportgeschichte, 75 Jahre alt geworden. Er hat sich dazu ohne Brimborium en familia ins Elbtal zurückgezogen. Seine Verdienste für die Sportgeschichte in Deutschland und speziell auch für Berlin als Sportmetropole sind legendär. Dr. Josef Göhler, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes und Turnexperte, hat den Berliner Berufsschullehrer und ambitionierten Sporthistoriker einmal als einen „Kriminologen der Turngeschichte“ bezeichnet.

 

Auch international ist Gerd Steins bei Tagungen und wissenschaftlichen Kongressen bekannt geworden, es gibt kaum einen Stein der Sportgeschichte, den er nicht dreimal umgedreht, beschrieben und katalogisiert hat. Davon künden seine Schriften zur Geschichte der Leichtathletik und speziell der Turngeschichte. Sein 1978 veröffentlichtes Buch über den Turnplatz in der Hasenheide hat das Land Berlin 1986 in großer Auflage nachgedruckt. Zur 750-Jahrfeier Berlin 1987 ist das Geschichtsbuch des Berliner Sports „Vom Ritterturnier zum Stadtmarathon“ erschienen. Große Ausstellungen trugen als Kurator seine Handschrift, von der Frankfurter Paulskirche als Ausgangsort der Demokratiebewegung 1983 bis zu Deutschen Turnfesten und Weltmeisterschaften in Berlin. Er ist Herausgeber und Autor der „Sporthistorischen Blätter“, von denen annähernd 30 erschienen sind, darunter auch Fotobände über Jesse-Owens und das Lesebuch zum Fünfzigjährigen des Landessportbundes Berlin.

Mit Professor Michael Krüger (Münster) ist er Herausgeber der Schriftenreihe „Geschichte der Körperkultur in Studien und Materialien“, hier ist der vierte Band in Vorbereitung. In englischer Sprache kommen die Marathonschriften des Weltverbandes AIMS hinzu. Ein von ihm mit Horst Milde verfasstes Buch „Immer wieder Marathon!“ ist gerade in Druck gegangen.

Mit Ausstellungen zur jüdischen Sportgeschichte ist Gerd Steins dem Schicksal der Olympiasieger von 1896 Alfred und Gustav Felix Flatow nachgegangen. An einer Wander-Ausstellung und der seit 1986 verliehenen „Flatow-Medaille“ bis hin zur Namensgebung von Sportstätten und Straßen hat er maßgeblich mitgewirkt. Für die vom Senat erstellten „Machbarkeitsstudien“ zum Berliner Olympiagelände hat er Expertisen beigetragen und deutschlandweit darüber referiert, so kürzlich in der Universität Halle.

 

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Olympische Spiele von Paris 1900 und 1924

Montag, 08. Juli 2024

SPORTGESCHICHTE(N) in „Sport in Berlin“

 

Paris ist zum dritten Mal Ausrichter von Olympischen Spielen, erstmals auch der Paralympics. Wir erinnern uns an die Sommerspiele von 1900 und 1924.

 

Olympische Spiele Paris 1900

Pierre de Coubertin, Begründer der modernen olympischen Spiele, wollte zu den ersten Spielen anlässlich der Weltausstellung nach Paris im Jahr 1900 einladen. Die Begeisterung in Europa für das antike Griechenland, hochherzige Spender und der Bau des Athener Stadions führten aber bereits 1896 zur Premiere in Athen. Paris war vier Jahre später an der Reihe. Das Internationale Olympische Komitee sprach ein Machtwort aus, weil Griechenland die Spiele auf ewig behalten wollte und vergab sie an Coubertins Heimatland.

An den 2. Olympischen Spielen in Paris nahmen 1500 Männer und 20 Frauen aus 23 Ländern in 24 Sportarten teil. Völkerverbindend waren sie kaum, da sie während der Weltausstellung von Mai bis Oktober an unterschiedlichsten Orten – vom Bois de Boulogne (Leichtathletik) bis zur Seine (Schwimmen) – stattfanden. So kam die „Jugend der Welt“ nur zufällig zusammen, zumal parallel noch Wettbewerbe für Profiathleten ausgetragen wurden. Zum Ärger von Coubertin interessierte sich die Öffentlichkeit kaum für die Spiele. Erst 1908 konnte er deren Eigenständigkeit in London durchsetzen. Die deutschen Olympiasieger von 1896 waren wegen der ihnen verbotenen Teilnahme in Athen von der Deutschen Turnerschaft für Paris gesperrt. Hermann Weingärtner (TV Frankfurt/Oder, Berliner Turnerschaft) blieb mit sieben Medaillen der erfolgreichste Olympionike seiner Zeit.

Bekanntester Athlet in Paris 1900 wurde Alvin C. Kraenzlein (USA) mit vier Medaillen in der Leichtathletik über 60 m, 110 und 200 m Hürden und im Weitsprung. Er wurde 1913 von Carl Diem als Reichstrainer und Hürden-Spezialist nach Berlin geholt und kehrte bei Ausbruch des 1. Weltkrieges in die USA zurück. Fußball war in Paris das erste Mal dabei, es siegte Großbritannien vor Frankreich und Belgien. Der Deutsche Fußballbund war noch keine Größe, er wurde gerade erst in Leipzig gegründet.

Erstmals nahmen 20 Frauen an den Spielen teil, im Golf, Tennis, Segeln und Ballonfahren. Das damals beliebte Tauziehen stand 1900 für zwanzig Jahre auf dem olympischen Programm, vielleicht erlebt es eine Wiedergeburt im zukünftigen Berliner Sportmuseum als Retrolympics. Im Hoch-, Weit- und Dreisprung wurde auch aus dem Stand gesprungen. Deutschland errang zwei Olympiamedaillen im 200 m Rückenschwimmen, eine für die Mannschaft, die andere für den Bremer Ernst Hoppenberg im Einzel.

 

 

Olympische Spiele Paris 1924

Mit den Olympischen Ringen auf eigener Fahne, einem olympischen Dorf für die Aktiven und den ersten Reportagen über den Rundfunk lud Frankreich 1924 erneut nach Paris ein.

Deutschland war seit 1920 auf Grund des 1. Weltkrieges ausgeschlossen. 3000 Männer und 150 Frauen aus 140 Ländern und 45 Sportarten waren vom 4. Mai bis 27. Juli nach Paris gekommen. Die Stars der Spiele waren die „fliegenden Finnen“ Paavo Nurmi mit fünf und Ville Ritona mit vier Goldmedaillen in der Leichtathletik sowie Johnny Weissmüller (USA) – der spätere Tarzan – als dreifacher Olympiasieger im Schwimmen. Die Frauen waren mit 10 Goldmedaillen im Schwimmen, Fechten und Tennis dabei.

Im Schießen nahm man Tontauben und den „laufenden Hirsch“ ins Visier.

Zu den Sportarten im Turnen zählte noch „Tauhangeln“ am bis zu 12 Metern hohen Seil. 2024 steht Klettern, wenn auch nicht mehr am Seil, auf dem Programm. In der Bundesrepublik gehören Kletterseile im Gegensatz zu Österreich nicht mehr zur Standardausrüstung von Schulturnhallen. Neu ist in Paris 2024 das Breaking, wer hätte gedacht, dass Breakdance als Ausdruck der Jugendkultur ins olympische Programm aufrückt.

 

 

 

Die Geschichte der Olympischen Spiele ist voller dramatischer und berührender Erlebnisse, sie zeigt aber auch ein permanentes Streben nach einer Weiterentwicklung des Sports und seiner Sportarten. Hier setzt das in den Medien oft gescholtene IOC auf Modernität und Nachhaltigkeit. In kriegerischen Zeiten und globalen Welten eine Stimme zum Frieden.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“,

Ausgabe 4 – 2024

1990 durchs Brandenburger Tor: Der schönste Marathonlauf aller Zeiten.

Montag, 08. Juli 2024

 

 

 

In der 75-jährigen Geschichte des Landessportbundes hat das Titelbild der Oktober-Ausgabe 1990 von „Sport in Berlin“ eine besondere, ja historische Bedeutung: Es zeigt den ersten Marathonlauf durch das Brandenburger Tor im vereinten Berlin vom 30. September 1990.

 

 

 

 

Die beiden Stadtoberhäupter Walter Momper (West) und Tino Schwierzina (Ost) gaben den Startschuss, 25.000 Läuferinnen und Läufer aus 61 Ländern machten sich auf den Weg. Der Australier Steve Moneghetti lief Jahres-Bestzeit und die noch Ost-Berlinerin Ute Pippig stürmte in Strecken-Bestzeit ins Ziel.

Der Erfinder des Berlin-Marathons, Horst Milde (86), kommt ins Schwärmen und erinnert an die Initiativgruppe „Laufen“ aus Ost-Berlin, die mit zum Neujahrslauf 1990 aufrief und am 12. November 1989 (!) den damaligen Oberbürgermeister Erhard Krack bat, sich für einen gemeinsamen „Berlin-Marathon 1990“ einzusetzen: „Dieser Lauf wäre ein Beitrag des Berliner Sports zur Festigung der Fundamente unseres gemeinsamen Hauses Europa und ein wirksamer Beitrag zur Völkerverständigung“. Die Vision wurde in die Tat umgesetzt. Die Presse titelte „Der schönste Marathonlauf aller Zeiten…“.

Das Foto schoss Altmeister Heinrich von der Becke, der noch einmal zur Kamera griff und dessen Vermächtnis heute vom Sportmuseum Berlin gepflegt wird (www.vonderbecke.de). Es wird auch im großen Marathon-Buch von Gerd Steins und Horst Milde zu finden sein, das sich gerade im Druck befindet.

Auf dem Foto fehlt die Quadriga. Sie wurde in ihrer langen Geschichte diesmal nicht von Napoleon nach Paris entführt, sondern in der Bildgießerei Hermann Noack restauriert und mit Eisernen Kreuz und Preußen-Adler „wiedervereint“. Letzteres geschah im Übrigen friedlich, nachdem die DDR in ihren letzten Jahren überraschenderweise das alte Preußen und auch den Offizierswiderstand vom 20. Juli 1944 für sich entdeckt hatte.

 

Beitrag aus

„Sport in Berlin“, Ausgabe 4 – 2024

75 Jahre LSB Berlin

 

Sportgeschichte(n) : Berliner WM- und EM-Erinnerungen

Sonntag, 12. Mai 2024

 

 

Die „Helden von Bern“ mit Sepp Herberger ziehen ins Olympiastadion ein.

Foto: LSB-Archiv/Jost

 

 

 

 

Vor 70 Jahren

Deutschland ist 1954 Fußball-Weltmeister: Im Berliner Olympiastadion begrüßen 90.000 Fußballfans die „Helden von Bern“ – ein Volksfest. Bundespräsident Theodor Heuss überreicht ihnen das „Silberne Lorbeerblatt“, die höchste deutsche Sportauszeichnung (18. Juli 1954).

 

Vor 63 Jahren

Nach einigen UEFA-Cupspielen finden 1961 im Olympiastadion vor vollen Rängen zwei WM-Qualifikationsspiele statt, am 10. Mai Bundesrepublik – Nordirland (2:1) und am 12. November Schweiz – Schweden (2:1).

 

Vor 60 Jahren

Ein WM-Qualifikationsspiel Bundesrepublik – Schweiz geht am 4. November 1964 unentschieden 1:1 aus.

 

Vor 52 Jahren

84.000 Zuschauer kommen am 13. Mai 1972 zum EM-Viertelfinale Bundesrepublik – England (0:0) ins Olympiastadion.

 

Vor 50 Jahren

Im Jahr der Fußball-WM 1974 spielen in der Vorrunde Bundesrepublik – Chile 1:0 und DDR – Chile 1:1 im ausverkauften Olympiastadion.

 

Vor 41 Jahren

Unter großen Sicherheitsmaßnahmen kommt es am 20. Oktober 1983 zum Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft Bundesrepublik – Türkei (5:1). Rechtsradikale verteilen ausländerfeindliche Flugblätter unter den 30.000 Zuschauern und Bundeskanzler Helmut Kohl und der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker tragen den Sportjugend-Button „Sport spricht alle Sprachen“.

 

Vor 18 Jahren

Fußball-WM in Deutschland: Die Vorrundenspiele zur Fußball-WM finden am 13., 15. und 20. Juni 2006 in Berlin statt, am 9. Juli folgt das Finale mit Italien – Frankreich 1:1, Weltmeister wird Italien durch Elfmeterschießen. Das Olympiastadion wird mit Mitteln des Bundes ausgebaut, vor dem Reichstag entsteht ein mobiles Stadion und in Kreuzberg startet die Streetfootball-WM. Die Fanmeilen und Public Viewing machen die Weltmeisterschaft zum „Sommermärchen“.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“

Ausgabe 03 – 2024

75 Jahre Landessportbund Berlin

Sonntag, 12. Mai 2024

Rudi Ebmeyer am 22. November 1989 bei Manfred von Richthofen

 

Das Titelbild der Dezember-Ausgabe von „Sport in Berlin“ aus dem Jahr 1989 ist ein historisches Dokument. Es zeigt den Präsidenten des Landessportbundes Berlin, Manfred von Richthofen, mit dem Vorsitzenden des DTSB-Bezirksvorstandes Berlin, Rudi Ebmeyer, vor dem Haus des Sports an der Jesse-Owens-Allee. Dieses Zusammentreffen der beiden Sportpräsidenten fand 2 Wochen vor der offiziellen Gesprächsaufnahme der Bürgermeister der beiden Stadthälften statt.

 

 

 

Manfred von Richthofen hatte nach der Maueröffnung vom 9. November pragmatisch gehandelt und in einem Telefonat mit seinem Amtskollegen in Ost-Berlin ein schnelles Zusammentreffen vorgeschlagen. Die Einladung wurde angenommen, und so kamen am 22. November 1989 Manfred von Richthofen und Rudi Ebmeyer zum ersten Gespräch zusammen. Neben dem DTSB-Bezirksvorsitzenden nahmen dessen Stellvertreter Rainer Lotsch und Peter Schwarz als Geschäftsführer teil. Der LSB war neben seinem Präsidenten durch Peter Hanisch als Vizepräsidenten und Norbert Skowronek als Direktor vertreten. Die Beteiligten waren sich schnell einig, den kurz nach Maueröffnung begonnenen Sportverkehr zu ständigen Begegnungen zwischen den Sportvereinen und ihren Verbänden zwischen den Stadthälften auszubauen und eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen anzugehen. Die hier in einem Satz zusammengefassten Ergebnisse wurden zwei Tage später gemeinsam in den Stadion-Terrassen der Presse vorgestellt.

Damit waren nach dem 9. November auch für Berlin die Aufgaben verteilt: Man wollte zusammenkommen und war gespannt, wie sich die Dinge zwischen beiden Regierungen und besonders im DTSB der DDR weiter entwickeln würden. Fragt man die damaligen Zeitzeugen, so sieht man auch heute noch ein Leuchten in ihren Augen: „Es wächst zusammen, was zusammengehört“ – das war das Motto. Das dieser Weg zur Sporteinheit noch außerordentlicher Anstrengungen bedurfte und immer neue Probleme auslöste, war vielen noch nicht klar. So ist das damit zusammenhängende Kapitel in den Geschichtsbüchern auch nach mehr als 30 Jahren nicht geschlossen. Wir sollten uns zur 75-Jahrfeier des Landessportbundes daran erinnern.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“ 

Ausgabe 03 – 2024

 

Sportgeschichte(n): Ein Rückblick auf Olympiaträume

Freitag, 15. März 2024

1952:

Die Bundesrepublik darf nach dem 2. Weltkrieg wieder an Olympischen Spielen teilnehmen, während das NOK der DDR noch auf Anerkennung durch das IOC wartet. In Berlin (West) finden die „Vorolympischen Festtage“ für die Helsinki-Qualifikation statt. Landesjugendwart Gustav Schulze organisiert mit der Deutschen Sportjugend das Olympische Jugendlager.

1963:

Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt und NOK-Präsident Willi Daume schreiben an das IOC und schlagen West- und Ost-Berlin als Kandidaten für die Spiele von 1968 vor. Die DDR protestiert dagegen.

1987:

Der amerikanische Präsident Ronald Reagan macht anlässlich seines Berlin-Besuches den Vorschlag gemeinsamer olympischer Spiele in beiden Teilen Berlins. Diese Initiative Reagans wird wenig beachtet, während sein Satz vor der Mauer am Reichstag „Mister Gorbatschow tear down this wall“ um die Welt geht.

1988:

Peter Rebsch, Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, schlägt Berlin als Ort olympischer Spiele vor. Rebsch ist Vorsitzender des LSB-Rechtsausschusses. Das Thema wird vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen in kleiner Runde mit dem Landessportbund diskutiert und auch beim ersten Zusammentreffen Diepgens mit Erich Honecker angesprochen.

1989:

Walter Momper, Amtsnachfolger von Diepgen, setzt eine Projektgruppe für die Bewerbung Berlins für Olympische Spiele und Paralympics ein und unterrichtet die Öffentlichkeit über die Senatspläne. Beim Gespräch zwischen Momper und Honecker wird von der DDR Leipzig als geeignete Olympiastadt angesehen. Michail Gorbatschow und George Bush sen. unterstützen beim Gipfeltreffen UdSSR/USA gemeinsame olympische „Friedensspiele“ in West- und Ost-Berlin. Sie bekommen Unterstützung vom IOC-Präsidenten Antonio Samaranch, der auf einen „Friedensnobelpreis“ für das IOC hofft. Die friedliche Revolution von 1989/90 nimmt Berlin den politischen Status einer Brücke zwischen Ost und West und macht die Stadt zu einem normalen Bewerber für Olympische Spiele.

1990:

Im Berliner Senat wird ein Olympiabüro eingerichtet, nachdem das NOK die Pläne Berlins unterstützt und Hamburg, Frankfurt/Main, Stuttgart und das Ruhrgebiet auf eine Kandidatur verzichten. Eine Protestbewegung „NOlympics“ macht durch Aktionen und Brandanschläge auf sich aufmerksam. Überall werden Olympiafahnen mit dem Bärenmotiv gestohlen, auch der LSB vermisst in seinem Haus an der Jesse-Owens-Allee ein großes Coubertinbild, den farbigen Plan der Wettkampfstätten von 1936 und mehrere Olympiamünzen.

1991:

Die Olympia Berlin 2000 GmbH wird gegründet. Es folgen die Marketing GmbH und die Sportstätten GmbH, die ersten Bauaufträge werden in Auftrag gegeben und internationale Werbekampagnen gestartet.

1993:

Die Bundesregierung, der Senat von Berlin und das NOK stellen gemeinsam mit Steffi Graf und Franziska van Almsick beim IOC-Kongress in Monte Carlo Berlin als Kandidaten für die Olympischen Spiele 2000 vor. Von 88 Stimmen entfallen 9 auf Berlin, eine Katastrophe. Das Geschäftsgebaren der Olympia GmbH wird später vom Abgeordnetenhaus untersucht.

2014:

Im Jahr 2014 kommt es zur Kandidatur von Berlin – Motto: Wir wollen die Spiele – und Hamburg für die 2024 stattfindenden Spiele. Hamburg wird 2015 vom DOSB ausgewählt und scheitert am Votum der Bevölkerung. Zuvor war eine Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2022 von den Bürgern abgelehnt worden.

2019:

Der Senator für Inneres und Sport, Andreas Geisel, weist vor der Industrie und Handelskammer auf den Nutzen Olympischer Spiele für Infrastruktur und Wirtschaft hin.

2020:

Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, stellt beim VdKI-Symposium die Chancen für die Berliner Wirtschaft bei einer Bewerbung um Olympische Spiele heraus.

2023/24:

Der Berliner Senat und der Landessportbund Berlin zeigen die Bereitschaft einer erneuten Kandidatur Berlins im Verbund mit weiteren Städten für die Olympischen Spiele 2036 oder 2040. Eine Kampagne des Deutschen Olympischen Sportbundes „Deine Spiele – Deine Ideen“ läuft unter Beteiligung der Bevölkerung an.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“ 02 -2024

Sport ist eine Einladung für Alle

Freitag, 15. März 2024

75 Jahre Landessportbund Berlin

 

Das Cover von „Sport in Berlin“ zeigte vor 50 Jahren eine Top-Leichtathletin und einen Kreuzberger Freizeitfußballer. Der Titel „Sport für Alle“ stand für eine Modernisierung des Vereinssports und die verstärkte Förderung des Breiten- und Freizeitsports als „zweitem Weg“ neben dem bisherigen Wettkampf- und Leistungssport.  

 

 

 

Die Kampagne „Trimm Dich durch Sport“ löste 1974 eine Zeitenwende aus. „Trimmy“ brachte mit dem erhobenen Daumen Millionen Menschen in die Vereine. Das führte zu tiefgreifenden Veränderungen in den Sportstrukturen.

Berlin stand im Mittelpunkt: Zu den Trimm-Spielen kam Jesse-Owens nach Berlin und bildete Frank Elstner mit 5000 Berlinern auf den Wiesen an der Hasenheide die „größte Sitzschlange der Welt“. Die Slogans der Aktion „Ein schlauer trimmt die Ausdauer“ oder „Im Verein ist Sport am schönsten“ sind seitdem in aller Munde.

Sport für Alle bedeutet aber auch das Eintreten für gesellschaftliche und soziale Chancengleichheit, also Sport für weniger Privilegierte, am Rande stehende und Schwächere. Heute sind Behinderte, Migranten, Aussiedler und Flüchtlinge genauso im Sportalltag der Vereine vertreten wie Kinder, Mädchen und Frauen, Familien und Senioren. Auch neue Aufgaben kommen hinzu, z.B. durch die 2023 große Begeisterung auslösenden Special World Olympics für geistig und mehrfach Behinderte. Hier geht es inklusive Angebote, wir empfehlen den Vereinen „einfach anzufangen“. Das entspricht unserem Leitbild: Jeder Mensch soll unabhängig von seinen individuellen Voraussetzungen, Fähigkeiten oder Behinderungen die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt und gleichberechtigt am Sport teilzuhaben und ihn aktiv mitzugestalten.

 

Erstveröffentlichung

in „Sport in Berlin“ 02 – 2024